Duke Meyer

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zeit-kommentare 2005

januar 2005
Geschockt bin ich immer noch von der Katastrophe in Südostasien: auch, weil ich dort ein paar Menschen kenne (von denen ich bislang nichtmal weiß, ob sie überhaupt überlebt haben...) – einer von ihnen steht mir nahe.
Hier nur soviel dazu. (Ereignisse globaler Tragweite zu erörtern, ist nicht Sinn dieser Privatkolumne. Hier bleibe ich bei profanem Alltag – über dessen "unerheblichen Seegang" ich dann doch manchmal dankbar bin...)

Für mich verliefen Sonnenwende und Jahreswechsel ruhig ... im Kreis von lieben Freunden. Was eigene Problemchen betrifft: Komplettino "gegen die Wand gefahren" hatte ich erstmal – nach plötzlichen technischen Schwierigkeiten – die (im Arbeitsaufwand schwer unterschätzte) Abmischung meiner neuen CD: die deshalb doch nicht zum Jahresausklang veröffentlicht werden konnte wie geplant.

(Die Vorzugspreise für die bereits vor Weihnachten eingegangenen Bestellungen bleiben selbstverständlich gültig!)

Aber jetzt – nach einer weiteren Reihe von Abmisch-Sessions – isses endlich soweit:
Die neue Loreley ist ab sofort erhältlich: bestellbar per eMail
Und hier kann man auch reinhören. Für echte Fans gibt´s zudem noch ausführliche geheime Informationen über die künstlerischen Hintergründe von Werk und Urheber...;-)

Pläne fürs neue Jahr? Nun ja: Der große Planer bin ich nicht... schon lange nicht mehr (lasse mich lieber vom Leben überraschen: das ja eh gern anders kommt, als man denkt). Nicht nur solo von mir, sondern auch (und gerade) von den Singvøgeln soll es dieses Jahr (irgendwann...) eine neue CD geben: aber bislang tönen unsere neuen Lieder "nur" live.

Randbemerkung: Nachdem es meinen geliebten alten "Erdendonner" zwischen Bühne und Lagerfeuer halb zerfetzt hat, baue ich mir demnächst im Wiehengebirge eine neue Trommel... (abermals eher "Kraftfahrzeug" und weniger Musikinstrument, denke ich...).

Tja – ich habe wohl mittlerweile gänzlich zur Musik zurückgefunden (und stehe wieder da, wo ich einst begann...). So gern ich Theater spiele, halten mich die Singvøgel (live und im Studio) doch derartig auf Trab und in Bann, daß alternative künstlerische Projekte auf gelegentliche "Seitensprünge" beschränkt bleiben, wie´s weiterhin (und zunehmend) aussieht.


februar 2005
Für mich meist ein etwas melancholischer Monat... (Vor einem Jahr starb mein alter Freund Ralf...) Die Jahreszeit allein gönnt mir immer noch zuwenig Licht bei nach wie vor zuviel schlotter-brrr... Längst ist der Kalender wieder eng, und ich muß lebende Freunde auf Wartelisten setzen... Im Winter möcht´ ich überhaupt am liebsten nur rumkuscheln und so. Und erzähle mir keiner, daß es "früher" mal besser war (da griffen dann die Römer an – garantiert ebenso zur Unzeit, wie mir heut´ die völlig überhöhte Jahresabrechnung Strom/Gas ins Haus flattert – ich hasse Briefe, die Begriffe wie "binnen..." als zentrales Element aufweisen...)
Apropos Römerangriffe: Wenn der Bushmann da drüben in seinem geklauten Land so weitermacht mit seinem Fundi-Säbelgerassel, überleg ich mir, ob ich nich´ doch noch ´ne Politkolumne aufmach hier (irgendwo muß ja auch bei mir mal der Dampf raus).

Wenigstens begannen die Singvøgel ihren Januar-Jahresauftakt in Höchst- und Bestform: im Nürnberger "Loft"... bloß unsere "üblichen Verdächtigen" haben wir dort vermißt – he, wo seid´n ihr alle? Noch im Winterschlaf, oder wat? Mußten wir uns fragen, bis zum schönen Gedrängel kürzlich im "Blue Note" Fürth: na, seht ihr – klappt doch mit dem Hingehen – tut gar nicht weh! Man muß nur wollen!

Apropos Singvøgel: Sicher haben sich manche schon gewundert, warum wir nach wie vor ohne Drummer auftreten. Dabei hätten wir einen! Sogar einen superguten. Bloß sucht der immer noch seine Becken... Statt diesen fand er aber immerhin ein neues Design für unsere
Webseite. Ist doch auch schon mal was (und dafür knuddeln wir dich, oh Meister;-) Da unser "Jäger der verlorenen Cymbals" wahrscheinlich auch weiterhin beschäftigt ist (mit seiner eigenen Karriere – wo er doch an unserer teilhaben könnte – ts, ts, ts), dampfte Karan mit mir inzwischen ins Wiehengebirge, wo wir uns unter fachlicher Anleitung des schwer sympathischen Manfred "he-machemer-nochne-kleine-Trancereise-" Quade neue Rahmentrommeln bauten. Worauf sich meine alte "Erdendonner"-Trommel – die Konzerte wegen des festgelegten Ablaufs und minutiösen Timing-Zwangs nie besonders liebte – endlich aufs freie Ritualgeschehen konzentrieren kann, wo sie ja gern den Ton angibt: und zwar so, wie sie grad Lust hat. Was ihre Stärke ist.


märz 2005
Schon möglich, daß ich den Hals nicht vollkriege, oder: Was soll man machen – bei so ´nem Wetter z.B. – als Platten? Nach meinem Loreley-Solo ist jetzt Karan an der Reihe: Mit Aphrodhita sind eine Reihe meditativer Streifzüge zu den "Göttinnen der Welt" angekündigt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit;-) ... Und wenn wir diesen außerordentlichen Silberling produziert haben, steht die zweite Singvøgel-Platte an (genug neue Lieder sind ja inzwischen vorhanden).


april 2005
Derzeit nervt mich das "Kleine Volk". Nein, ich meine weder Elfen noch Kobolde, sondern die Mäuse. Auf meinem Konto lassen sie sich nicht blicken. Stattdessen machen sie meine Wohnung unsicher, die sich die Nager offenbar zum neuen Partytreff ausgeguckt haben. Ich habe ja nichts gegen Säugetiere (einige meiner besten Freunde sind Säugetiere) – aber ich wohne doch lieber allein. Naja, erzähl das den Mäusen. Immerhin sind es keine weißen – so viel trink ich nun auch nicht über den Durst.

Jetzt hab ich meine ärgsten Krusch-Ecken beseitigt – was aber nur dazu führte, daß sich ab und zu ein hungriges Mäuslein in die tierfreundliche Lebendfalle verirrt, was die sofortige Abschiebung der Kleinen aus meinem Echsennest zur Folge hat (an der gegenüberliegenden Straßenseite können sie dann schauen, wo sie unterkommen). Ich führe eine grimmige Strichliste... Aber es sind zuviele. Jetzt leiht mir ein Freund seine Katze (dauerhaft kann ich mir ja leider keine halten – bin zu oft unterwegs, sonst hätte ich längst eine – nicht nur wegen ungebetener Quiek-Gäste). Der wünsch ich schonmal guten Appetit – bzw. hoffe auf ihren Jagdtrieb.

Und wende mich hoffnungsvoll der Endabmischung von Karans CD zu. Über die ich jetzt nur sagen kann, daß sie mir selber außerordentlich gut gefällt (ja: auch die CD!:-)))
Die Künstlerin mag für sich selbst sprechen: auf ihrer neuen Webseite
Troubadoura.


mai 2005
Kühl und naß. Jetzt eine Woche Höhle: nicht deswegen, sondern trotzdem. Kleine Besetzung diesmal. Aufwendige Ritualvorhaben, mal wieder... Nun ja: man wird sehen. Wird ja eh jedesmal anders. Viel Gebastel im Vorfeld. Und die übliche Nervosität. Aber endlich wieder mal raus, Luft, Erde, Baum und Boden spüren.

Kaum Auftritte zur Zeit: alles in Gärung grad (friedlich, wenn auch finanziell unbefriedigend – aber wen wundert´s: dieser Tage, dieser Zeiten). Für mich ein Einatmen – dermaßen viel geht mir in Kopf und Bauch um... Wieder Textvorhaben im Schädel, über Lieder hinaus (auch wenn jene mich besonders beflügeln) – so einiges brodelt. Sanftes Feuer im Blut, die Nüstern weit.


juni 2005
Vielleicht ein bißchen früh, das bereits jetzt zu vermelden – aber sonst ist grad nicht viel los (ein wenig Theaterspiel, ein paar Gigs am Rande), und es erfaßt mich doch schon ganz und gar: die kommende Singvøgel-CD! Die Aufnahmen haben begonnen – und nur das beste wird verwendet. Anders als bei unserem gemeinsamen Erstling ("Hart am Rande", Dez. 2003) konzentrieren wir die Neue dichter an unserem Live-Setup (also eher ein Instrument weniger als eins zuviel).

Ein paar Gäste werden wir wohl schon ins Studio laden – aber insgesamt wollen wir´s eher kernig, trocken und klar. Was dabei beflügelt: Einige unserer neueren Lieder (allen voran: "Feuersang") haben Freunde und Fans schon wiederholt nachgefragt... Nun – noch müßt Ihr Euch gedulden: Ein halbes Jahr Produktionszeit müssen wir auf jeden Fall veranschlagen. Damit´s auch wirklich so gut wird, wie wir´s nur irgend machen können: konzeptionell, spielerisch, und inhaltlich. So allmählich kristallisiert sich dabei heraus, für welche Art Sound die Singvøgel stehen. Auch live.

Apropos "Feuersang": Das ist vielleicht der erste Song der Welt, von dem es eine Coverversion geben könnte, bevor noch das Original erscheint: Unser Freund Carlo hat nämlich den Spaß angedroht, das Thema vorab als Techno-Club-Version zu vertonen. Als (unser Lieblings-) DJ darf der das...! Dafür wird das Singvøgel-Original aber umso "akustischer"... – versprochen!;-)


juli 2005
Bum: Die Probe steht, "and the beat goes on". Die Singvøgel haben soeben den "Live Dub für Liedermacher" erfunden. Nein – wir bringen nach wie vor keine Playbacks auf die Bühne, und lassen auch den Drumcomputer zuhaus´ im Studio. Aber unser Live-Sound ist trotzdem dabei, sich ganz erheblich zu verändern: Ab sofort arbeiten wir mit zusätzlichen Live-Loops, die wir vor den Augen und Ohren des Publikums erstellen (live bleibt live:-) – und die einige unserer Songs begleiten und bereichern werden (damit künftig auch diejenigen Leute den Takt mitschnippen können, die einen "dritten Mann" bei uns bislang vermißten...).

Und, was die sog. Weltlage betrifft:
Terror kann man m.E. nicht mit Hysterie bekämpfen – die beiden gehen allzuoft Hand in Hand. Demokratie-Abbau und dogmatisches Durchboxen (in jeder Hinsicht) grenzenloser Warenwirtschaft führen genz bestimmt nicht zu jener "Effizienz", die wirklich eine lebenswerte wäre: nämlich die sozialen Miteinanders. In der Hinsicht macht mich das schrille Geschrei der Welt zunehmend altmodischer: aus ehrlichem Herzen handeln, mit Liebe – das lohnt. Täglich und überall. Gerade in Zeiten wie diesen!


august 2005
"Bin schon weit gezogen / einen großen Bogen / barfuß und bös´ über Stock und Stein gerannt / Klinge übersprungen / Sehne hat gesungen / Hinter mir krächzen nur die Raben überm Land..."

... sang ich 2001 in meiner Pfeil-und-Bogen-Träumerei "Eibensang". Der dazugehörige Sänger hat jetzt den Rabenclan verlassen: dessen fortschreitende Verwandlung in einen esoterischen Heißluftballon (außen glänzend, innen hohl, Hauptmerkmal: aufgeblasen) ein altes Gründungsmitglied nicht länger mit anschauen, geschweige denn mittragen mag. Zumal angesichts der Methoden, mit denen da einige Sachmerkbefreite Angewandter Demokrepie ihre (allmählich politbüroreifen) Meuchelheuchel-Spielchen betreiben intern.

Hierzu noch ein trockener Dank an den Leitenden Intriganten: Du hast mich vieles über "praktische" Parteipolitik gelehrt (auch wenn ich das niemals wissen wollte), und wenn ich zuweilen – selten, aber kommt vor – mal einen dampfenden Leberkäs´ esse, denke ich irgendwie auch an dich. Und tschüs.

Ich fahr jetzt erstmal nach Stonehenge.


september 2005
Gern gehe ich wählen. Für mich gibt es fast nichts Schöneres im Leben, als möglichst viel Wahl zu haben – gilt praktisch für alle Lebenslagen.

Bei Bundestagswahlen gefällt mir am besten der Gang ins Wahllokal! Man zeigt seinen Ausweis vor und kriegt von milde lächelnden, zivil gekleideten Bürgern einen Zettel in die Hand gedrückt mit vielen lustigen Namen darauf. Da kann man ankreuzen, was man will! Niemand trägt Khaki-Uniform zu grimmem Blick oder hält einem gar eine Maschinenpistole unter die Nase. Das find´ ich wirklich gut! Pistolenfreie Verhältnisse wähle ich immer gerne!

Nur, wen ich diesmal wähle, weiß ich noch nicht genau. Zwar bin ich ja ausgewiesener Busch-Freund (schlage mich gern bei Gelegenheiten in die Büsche) – aber Bush z.B. kann ich deswegen leider nicht wählen; der hat mich einfach zu sehr enttäuscht: Läßt all die gutausgebildeten good Guys seiner Army "irakisches Roulett" spielen, derweil daheim New Orleans absäuft. So nicht, Mr. Oil Sheik! Das wirft kein gutes Licht auf das ´merikanische Königshaus.

Ich glaube, ich werde mit meiner Erststimme J. Ackermann (Deutsche Bank) abwählen. Der hat viel zu viel Prozente, ich aber krieg kaum welche bei ihm. Das ist nicht mein Wählerwille. Also wird er abgewählt! Wenn ich sein Victory-Bild auf dem Wahlzettel finde, streich ich das einfach durch, und gut is´.

Aber was soll ich wählen – positiv, mein ich? DaimlerChrysler? Die sind eigentlich groß genug... die brauchen nicht auch noch meine Stimme. Außerdem fahr ich gar kein Auto, sondern Bahn. (Den Mehdorn muß ich auch abwählen!)

Am liebsten würd´ ich ja Tatanka Yotanka (Sitting Bull) wählen (weil der einfach glaubwürdige Programme vertrat) – aber der ist ja ermordet worden: ein Terroropfer des 19. Jh.! :-(

Nun – Rio Reiser ("König von Deutschland") wär auch was gewesen, so als Bu´kanzler oder Au´minister... Mist, daß alle wirklich Überzeugenden, die mir einfallen, tot sind!

Also, ich glaube, ich kann mich erst im Wahllokal entscheiden – in dieser (oben erwähnten) inspirierenden Atmosphäre. Wehe aber, ich finde auf dem Wahlzettel wieder nur lauter überbezahlte Medienjunkies aus der Glotze – und nicht alle diejenigen Aufsichtsrats-Figuren, die unsere Lebensverhältnisse wirklich bestimmen! Wenigstens zum Abwählen. Die Figuren, meine ich – nicht die Lebensverhältnisse. Die könnte ich mir schlechter vorstellen. Aber auch besser, viel besser sogar. Aber ich glaube, auch hier gilt wieder: schöne Sachen selber machen...

Trotzdem: das Gewähle mit ohne MP und Khaki – das genieß ich, solange es geht. Schon wegen der Atmo!


oktober 2005
DU BIST BIG BOSS! Du bist klasse. Du läßt dich nicht unterkriegen. Du läßt deine Produkte nicht von halbversklavten Chinesinnen im Akkord zusammenbasteln, und du entläßt schon gar keine Arbeiterscharen in Deutschland, bloß um deine Aktionäre herumzocken zu lassen. Denen hustest du was! Dein Konzern floriert – und falls es doch mal klamm werden sollte mit der Bilanz, vertraust du darauf, daß dich ggf. der Kanzler medienwirksam aus der Scheiße kloppt (falls wir mal wieder einen haben:-). Die Umweltauflagen für deine Produktion erfüllst du freiwillig und ehrlich, und die Arbeitsbedingungen in deiner Firma und ihren Filialen sind vorbildlich. Das danken dir deine sozial bestens abgesicherten Angestellten auch mit entsprechender Leistung – von nix kommt nix, das weißt du als Großunternehmer ganz besonders! Und deshalb zahlst du nur gute, solide Löhne, und motivierst deine aus allen Gesellschaftsschichten zusammengestellte Belegschaft, wo du kannst!
Denn gerade von der Globalisierung läßt du dir keine Angst machen. Da verzichtest du lieber auf eine allzu luxuriöse Villa, wohnst stattdessen mit deiner Familie in einer kleinen 3-Zi-Whg. zur Miete, und fährst lieber nich´ in Urlaub – sondern mit der Straßenbahn zur Arbeit. Irgendwie kriegst du die Lohnnebenkosten schon in´n Griff! Hauptsache, du mußt keine Leute entlassen. Du stellst sogar neue ein! "Statt einer neuen Maschine hab ich lieber Leben in der Bude!" sagst du lächelnd. Und zuliefern läßt du dir – mal wieder – von einer kleinen, ganz neu gegründeten Firma, der du eine Chance geben willst: egal, was dein hypernervöser, kleinlicher Bankberater sagt. Schließlich bist du der Boss! Und was für einer: Die Kinder deiner Arbeiter werden in der firmeneigenen Kita betreut – für dich selbstverständlich: das mußtest du dir nicht erst von deinen Aufsichtsratskolleginnen sagen lassen (obwohl du schon gern "Hahn im Korb" bist, gelle? Ich mein´: so als einziger Mann in der Chefetage?;-), und schon gar nicht vom Betriebsrat. Der kümmert sich – in deinem Auftrag – um Bildungsprogramme auch für die "einfachen Schrauber": die Ungelernten. All die erst jüngst zahlreich von dir eingestellten Langzeitarbeitslosen, deren Potential du einfach "nicht verkommen lassen" konntest! "Innovatives Future Involvement" nennst du das. Und der ganzen Konkurrenz zeigst du souverän, daß es auch so geht: sozial, verantwortungsbewußt, und – auf ganz ungewohnte Weise – "patriotisch"! Mit einem Wort: Du bist Deutschland!


november 2005
Zur Zwielichtzeit der Nebel und des Mondwechsels (vom Goldenen Herbst zum Grauen Treibpfad Richtung Winter), den Hexen als Neujahr ("Samhain"), Kelten als Samuin, Christen als "Allerseelen" begehen, war ich bei meiner Schwester auf dem Land und schlichtete Holz. Angenehm, wieder mehr wirkliche Welt in den Händen, auf der Haut, in den Nüstern zu spüren: nach so vielen Wochen an Tastatur und Bildschirm (bei längst hochtourig laufenden Aufnahmen für die kommende Singvøgel-CD). Naja: herausstellen muß sich noch, ob die dickeren Scheite überhaupt ins etwas kleine Eisenmaul meines Studio-Öfchens passen... (notfalls leiht sich Axt, wer selbst kein Zimmermann ist...)

Fahrten übers Land und durch Dörfer: Mehr das Fernsehen als der Wind fegt die Straßen leer – dies nicht nur zur aktuellen Jahreszeit, aber da wirkt´s besonders melancholisch und verloren... das Bild, das die meisten "bewohnten" Umgebungen dem Betrachter bieten... Weichholz brennt schnell: viel schneller, als man es sägen und schlichten kann. Mein Anteil der aufgeschlichteten Stapel in Schwesterherzens Scheune beeindruckt denn das gigantomaniefreudige Auge sicher auch mehr als den gefräßigen Ofen. Ich mußte daran denken, wie leicht es ist, einfach die Zentralheizung aufzudrehen – doch kann die Leute nicht beneiden, die sich eine solche leisten können: was machen die eigentlich, wo sie doch kein Holz stapeln müssen für den Winter? Ich liebte jeden Spleiß, der auf meinem dicken Pulli hängenblieb beim Herumhieven der zersägten Bohlen. Eine Situation, in der fast jedes Bier irgendwie gut schmeckt – sogar bayerisches...:-)))

Erste Scheite gingen bereits ein paar Kilometer weiter und einen Abend später in Rauch auf: zu Ehren der Ahnen, im Beisein familiärer Freunde und einiger Bekannter. Ein letzter Liter Ginger Beer, vom sommerlichen Englandtrip aufgehoben (die Metbuddeln vom Würzburger Bioladen hab ich allerdings nicht zählen können, da mehr damit beschäftigt, sie zu trinken), ein paar letzte Winztütchen Salt-&-Vinegar-Crips (originale: nicht die laue Version, die eine ´toffelchipsfirma in D´land verhökt)... uuund natürlich Karans fickengeile kokosberaspelte und zitronenbegraste Kürbissuppe (slurp)... ergab alles recht angenehme Gefühle in ebensolcher Runde... – Der Guß des letzten Horns in die Feuersglut machte einen mannshohen Dampf im offenen Tor zwischen den Welten. "Was macht ihr denn da?" hustete der Opa meines Opas aus dem Nebel. Aber dann hat er mitgetrunken. So mag der Winter kommen


dezember 2005
Oft weiß ich rational gar nicht, wo ich meinen (fast permanenten) inneren Optimismus hernehme. Was ich immer dann bemerke, wenn ich lange nicht mehr gesehenen oder gesprochenen Bekannten zu erklären versuche, warum es mir so "gut geht" und ich so merkwürdig euphorisch bin. Vielleicht liegt´s an der Liebe (die eine oder andere sich erspart habende Affäre durchaus miteingeschlossen), oder daran, daß mein Zeitempfinden keinerlei "Zukunft" kennt – und daher auch keinerlei Ängste dort deponieren kann.

Unheilvolle Zeitzeichen wie die allgemein fortschreitende Erosion demokratischen Denkens; schleichende Analphabetisierung (bei zunehmender Geschwätzigkeit); oder die von allzuvielen Medien und deren Meinungsnehmern als "normal" bis "selbstverschuldet" suggerierte Ausgrenzung ganzer Bevölkerungsschichten ins allmähliche Off der Gosse – welche man dank "digitaler Spielzeuge für alle" hierzulande eigentlich umbenennen könnte in Blinke – all das erzeugt in meinem Bauch eher Zorn als Furcht.

Persönlich geht für mich das Jahr 3 der Singvøgel mit zwar quantitativ viel zuwenigen, qualitativ aber ermunternden Auftritten zu Ende. Der Rabenclan war dank seiner eitel bis esobärmlich überschminkten Verröchelungstendenzen viel rascher zu verschmerzen als (selbst bei meinem lang hinausgezögerten Ausstieg zur Jahresmitte noch) gedacht, und die Nornirs Ætt erweist sich längst schon als viel vitaler und stabiler als von manch kritischen Freunden noch zu Jahresanfang gemutmaßt. Meine hauptsächliche Selbstkritik gilt daher meinem immer noch reichlich unrealistischen Zeitmanagement, meiner noch nicht genügend überwundenen Abneigung vor rein Geschäftlichem (Geld allein stellt einfach keinen echten "Wert" für mich dar, ich muß meinem Ehrgeiz-Esel immer andere Karotten vorbinden auf der Rennbahn...), sowie dem nach wie vor eher nachlässig geführten eigenen Haushalt.

Allen Freunden und Sympathisanten, Lieben und Geliebten (faktischen wie potentiellen), Mitstreitern und Kolleginnen (im Geiste, beileibe, oder an und pfirsich:-) wünsche ich einen behaglichen Jahresausklang und sturmdurchtoste, aber gemütsreinigende Rauhnächte.



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