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brunft
(Erstunken
und erlogen im Namen der Liebe. Namen von Göttern, Menschen,
Pflanzen, sonstigen Geschöpfen: ohne Gewähr)
Holz,
natürliches Holz, ein Stück gewachsener Baum, gefällt
ohne mein Zutun, doch du gefällst mir noch immer, sogar als
Brett: geborene Buche, gewordene Latte an dich halt ich
mich, Balken, dich brauche ich jetzt.
Ich ritze die Rune:
Rate, Susanne, welche Rune ich ritze, rate, mein Liebling, warum
ich dies tue. Ich ritze mit zwiescharfer Spitze, mit flammendem
Dolch, zweitausend Jahre Fische-Zeitalter will ich mitbeenden (bin
selber ein Fisch, doch war niemals ein Christ), warte Susanne,
schau was ich ritze. Nur gerade Linien, schnurgerade Striche:
längs die einen, schräg die anderen. Ich schneide und
schnitze, ich fluche und schwitze, mein Schwanz zu nichts nütze
rate, mein Schatz, wozu ich das tue.
Die Autos
donnern unweit von hier, und keines von ihnen bringt dich zu mir.
Zu laut diese Welt für geflüsterten Zauber. Ich hab eine
Hand, Mädchen, die solltest du kennen: die nackte Fläche
und fünf lange Finger, krümmend und greifend. Ich hab
dich verstanden, und ich will dich begreifen: nicht mit dem
Verstand! Zwei sinnlose Hände! Die eine führt
Dolche, die andere hält Holz fest, so ritz ich die Runen, ruf
Geister in Ecken. Ich brenne in Bächen natürlichen
Schweißes, bin nicht so schön wie ich sein sollte, nur
nackt genug die Polizei zu erschrecken, denn menschlich wär
ich heut kaum noch zu nennen, wenn jemand mich sähe. Aber wer
könnte! Im magischen Kreis.
Meine Sehnen sind zäh,
mein Sehnen nicht minder, ich sehne mich, Schöne, beug und
streck meine Sehnen, das Haar hängt mir wirr, aber sonst
hängt wenig: Mein Blick ist gerade, mein Dolch ritzt Zacken,
meine Eichel steht hoch (unbenutzt: die Verschwendung!), ich knie
im Gestrüpp, die Autobahn donnert, ich ritz eine Rune, ich
ritz deine Rune, ich ritz keine Rune, ich weine eine,
schnurstracks die Träne, ich hab einen Nabel, ringsherum
Haut, begreif mich, erfaß mich, berühre mich,
Frau!
Dreck auf der Haut: Farbe und Erde, Lehm und Pigmente
(der Ocker-Ersatz wahrscheinlich chemotox forte, aber selber
gemischmascht): So bemalt, mutiert mein Körper zu einer
Kathedrale singenden Fleisches, und meine Seele kreischt Zeter und
Orgio... Hier raus fuhr ich, in die struppige Landschaft, nah am
traurigen Wald axtgeweihter Fichten (dünne Rekruten in Reih
und Glied, dieser Zahnstocherforst auf mooslosem Boden,
dosenbekullertes plastikbemülltes Elend lieblos gepflanzter
Holzreservoires), mein Fuß stampft Kies, Styropordreck und
Distel, natürlicher geht's nicht (nicht ohne Auto: Zu
weit weg sind die romantischen Plätze des lieblichen Umlands,
hier ist fast Stadtrand), hier tanzt im Vollbild des Mondes ein
Zivilisierter, ein Priester der Muttersau, sozusagen ein
wahrhaftiger Schweinepriester, seine bodenlose Lust in die Welt.
Mädchen, Frau, du, der mein Zauber gilt: Du könntest
mich heilen, wenn du mich ließest. Ich weiß, du magst
mich, und du bist doch nicht blöde, du siehst das Begehren in
jedem meiner Blicke, ich weiß daß du's siehst, ich
kenne dein Lächeln, und ich liebe das Leuchten in deinen
Augen. Aber wie in Dreinornirs Namen soll ich denn je meine Zunge
über deinen Körper tanzen lassen, wenn du nur dastehst
und lächelst? Wo bleibt dein Zeichen? Ohne Scheu, ohne
Schuld bin ich dir gegenüber. Schau: Die splitternackte Hand
biete ich dir, und ich schäme mich nicht. Das läge doch
nahe, sie dir auf die Brust zu legen: auf die eine wie auf die
andere. Und was deine Greifer betrifft, so stell ich sie
mir ebenfalls nackt vor in meinen Träumen: deine zehn Finger,
verspielt meinen Schwellturm betastend, der ganz bestimmt feucht
wird vor Rührung, wenn du seine Kuppe küßt. Mit
solchen Gedanken weih' ich den Zauber: hingebungsvoll und so
strotzend wie möglich (doch sich selber zu melken, bleibt
leidende Lust).
Hier zwischen den Welten sind nur die
Pflanzen meine Zeugen, den Gräsern und Büschen rings
zeig ich die heiligen Fresken auf meiner Haut: nicht alle
gelungen, meine Symbole (keine Künstlerin kam, mich toll zu
bemalen, ich selber mußt' sie mir schmieren, die Schmier auf
den Leib, mir selber ich selbst...) ... Du solltest mich sehen,
Susanne, so wie ich jetzt bin: nackt, hart und hungrig, keuchend
und schwitzend, die Arme umschlungen von tanzenden Schlangen, auf
der Brust mein Totem (kein Grund, es zu nennen), zerkratzte Beine
(Brennesseln, Disteln), tropfende Nase (Scheiß-Allergie),
kein Bauch, aber Rippen... mein Arsch sei sexy, sagte mal eine,
aber das ist schon her... Ich bin nur ein Mann, ich möchte
dein Mann sein, ich bin nur ein Mannstier, kein -Stier, sondern
Manns-Tier, ein männlicher Mannmann, ein
Mann-oh-Mann-Schmiegmann, ein Faß-mal-an-Schwanzmann, ein
Riesenrohr-Reibmann, ein Will-viel-Weib-Mann, ein wilder Feigling
mit funktionstüchtiger Einsamkeit: länglich, prall, naß,
schön, furchtbar.
Denkst du, nur Frauen hätten
"erogene Zonen"? Ich habe eine wunderbare Körperöffnung:
meinen Mund. Darin wohnt eine Schlange, für hier und heute
nur eine lausige Wortpeitsche, aber für dich würde ich
sie weit herausschieben. Nicht, um dir geifernd die Zunge zu
zeigen, nein: In den tiefsten Niederungen deines Leibes, dort wo
fast versteckt unter krausem Gestrüpp in faltigem Rosa der
Eingang zur Unterwelt glitscht, würde ich mit meiner
Schlabber nach Honig graben, bis du ein Erdbebchen kriegst.
Und
dem würde ich gern mit rausgereckter Stange auf den Grund
gehen. Dein Innerstes würde ich dir massieren. Der Geschmack
meines Schweißes würde dir vertraut werden binnen einer
Stunde. Dein Ohr würde meinen, im Zoo zu sein. Dein Schoß
auch. Wir würden uns immer fester ineinanderkrallen müssen,
weil uns die Pfoten abglitschen vor nassem Behagen. Du würdest
Krallen in mein Fleisch kerben, die mich wären wir
nicht im Höhenflug unseres tiefreligiösen Tuns
laut aufjaulen ließen vor Schmerz. Und selber würdest
du Griffe aushalten, deren Rücksichtslosigkeit dir im Alltag
den Atem nähme. Würde würde würde. Dies Tun
wäre unser würdig! Denn meine Würde ist anfaßbar.
Und ich würde nicht aufhören, bis dein mein
nein: uns der Vulkan spuckt.
Doch all das kann nur
geschehen auf dein Zeichen. Wenn du nicht sagst "komm!",
dann lande ich hier: im einsamen Kreis; und was ich meinem
Geschlecht abwringe, spritzt nicht, sondern tropft nur. Mit zwei
Fingern verstreiche ich den dicklichen Saft auf die Kerben im
Holz, verrühre mit Speichel und gebe noch einen Tropfen Blut
dazu. Schweiß rinnt mir aus den Haaren, ich sehe an mir
herab, betrachte von außen: die zerlaufende Farbe, den
nassen Bauch, die zerkratzten Waden, den Schleimfaden an der
Spitze des zögernd schrumpelnden Schwanzes.
Würdest
du lachen? Tät es dich ekeln? Ich spuck auf den Boden, mir
schmerzen die Finger, und zum Ritzen der uralten Buchen-Staben
brauchte ich eine Brille. So weit zur Wahrheit. Bebrillter Barbar.
Nein, ich bin keiner! Ich bin ein Heros, ein Wildwurf der Göttin,
ein ermächtigter Diener der lebendigen Erde. Wald komme, Wald
werde. Ich leg den Kopf in den Nacken: was, leichter Regen?
Mistbrille. Ich klapp sie zusammen. Hier neben mich auf den Stein
(einen der Altäre), um nicht draufzutreten. Jetzt geht es
auch ohne. Ich lese den Spruch nochmal mit den Fingern. Wo ist das
Feuer? Fertig die Arbeit!
Sh! Eidechse, sh! Riesengroß,
graugrün ich hab sie gesehen! Sie kam von Nordwesten
und verschwand im Süden, hier unter den Dornen. Jetzt um die
Nachtzeit? Biologisch ein Unding! Hexologisch ein Zeichen
(außerdem ist diese Geschichte, wie bereits erwähnt, eh
erlogen. Niemand kann mich daran hindern, Eidechsen durch
Geschichten wandern zu lassen, verstanden. Und wenn Ihnen das
nicht paßt, Sie Sie Zeitzeuge Sie kann ich mit
noch ganz anderen Viechern kommen. Daß das klar ist!)...
Bring deine Botschaft deiner Geliebten, Eidechserich. Grüß
sie von mir, wenn du ihr mit sonnengewärmter Pranke an die
Eiablage faßt. Falls ihr das so macht. Die große
Salamandra segne unsere Lust, Molche.
Slurp.
Slurpslurpslurpslurpslurp. Ich kann denken, woran ich will. Das
Geschwätz meiner Gedanken übertönt deinen Geruch
nicht. Ich rieche dein leises Lachen, die leichte Nervosität
deiner Bewegungen, deinen linken Oberarm. Den hätte ich
fassen sollen und zu mir herziehen. Doch ich stand nur da und
guckte. Beide standen wir da und guckten. Wäre ich nicht
zufällig bekleidet gewesen, hättest du gesehen, wie ich
zu dir stehe. Du hättest nicht darüber hinwegsehen
können. So aber konnten wir tun, als hätten wir nichts
zu tun. Und das war's, was wir taten. Nichts. Tschüs
dann.
Nichts tschüs. Merry meet again, heißt es
in meinen Kreisen. Ich habe dem Schicksal einen Brief geschrieben.
Ich habe Runen in Holz geschnitzt. Ich habe meinem Lieblingsgott
gesagt, daß er, wenn er uns nicht zusammenbringt, auf dem
Holzweg ist. Ich habe die Luft eingeladen, einen Vogel zu tragen,
der soll dir unters Haar ins Gehirn reinfliegen, der soll dir mein
Bild in süßen Tönen singen. Ich habe die
Feuerkräfte eingeladen, aus tanzenden Flammen hübsche
Hengste zu bilden, die in deutlicher Pracht, unbekleidet versteht
sich, nur für dich sichtbar, um dein Dreieck traben, bis dein
Schoß rossig wird und die Stute erwacht. Nicht mehr
aushalten sollst du's bei Tag und bei Nacht. Ich habe die bebenden
Wasser geladen, unsere Ströme zusammenzuführen: Den
Geschöpfen der Tiefe hab ich gesagt, sie sollen dir meine
Gefühle zeigen, deine silberne Mondin mag sie dir schillernd
und fein in die Seele treiben. Ich habe die ewige Erde gebeten,
uns das Rückgrat zu stärken, unsere Knochen zu heben,
unsere Körper zu segnen, uns bereit zu machen zum Anfassen,
mich in dir wurzeln zu lassen und dein Fleisch zu kneten, bis
nicht nur die Elemente beben, sondern die Götter sich derart
freuen, daß sie zur Abwechslung UNS anbeten. Ich habe dafür
meinen Saft gegeben, und mit dem Saft meine Seele gegeben: Ein
Mann sollte sich immer ganz hingeben. Zu dem Sperma habe ich
Speichel getan, und Schweiß ist getropft, und Blut war
daran. Sieh mich an, bitte sag, daß ich schön bin!
Darum fleh ich als Mann. Wo das Rechenmodell der Vernunft
herrscht, ist die Schönheit der Brunft arm dran.
Ich
steige hinab. Fuß um Fuß und Schritt für Schritt,
das Schwert an meiner Seite, die Klamotten längst wieder am
Leib, den Kopf zurück in den Wolken. Vollmond dahinter. Ich
gehe in die Stadt, in den künstlichen Bienenkorb der
Entfremdung von allem, was wichtig ist. Ich gehe aus der Nacht
hinab in den All-Tag, und diese Beschreibung meines Treibens ist
nur die sichtbare Verpackung dessen, was wirklich geschah am
Forstrand so wie mein Schwert nicht die Waffe, sondern
deren Abbildung ist: materielle Manifestation einer
zweischneidigen Idee. Der Wein macht besoffen, nicht das
Glas.
Ich steige hinab, und jeder Stern stärkt meinen
Geist. Meine Körperbatterie ist frisch aufgeladen vom
Erdnetz: Das ist der Sinn nackter Füße. Zurück in
Sandalen: Asphalt ist für Räder. Dort unten, wo die
Versicherungen glitzern als Kirchen moderner Relügionen,
summe ich den Giftschwaden die Melodie meiner Rückverbindung
entgegen. Zwanzig Jahre Nikotinselbstmord haben mich nicht
umgebracht. Aber die Kräfte, die mir heute den Rücken
stärken, werden diese Industrie umbringen. Das darf ich
ungestraft sagen, weil diese Geschichte erfunden ist. Verlasse
sich niemand auf Namen und Daten. Nur der Inhalt stimmt: das, was
dahinter schimmert. Ich nenne es Liebe. Es hat die Ästhetik
eines einsamen Schleimfadens an einem beinahe beliebigen
Geschlechtsteil. Aber es ist tiefste Seele. Brunft: meine
männliche Reaktion auf weibliche Urkraft. Dafür lasse
ich mich hängen (notfalls). Jeden Falz: Ich liebe mich. Und
Dich erst!
Hoffentlich funktionieren die Sprüche.
text
© duke meyer 1994
CD
"diener der ekstase" (mai 2006) hörprobe
diener
der ekstase .
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