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der
alte baum
Ein alter
Baum Voll junger Triebe Die Wurzel morsch Gespalten halb
der Stamm Die Krone biegt sich in ausladenden Ästen Fast
zur Erde Das ganze Ding bewohnt von Ach, ich kenn
von all den Viechern Kaum die Namen
So steht er da und
hat sich Gut getarnt Weil er nicht wollte, daß man
ein "Achtung-Natur"-Schild an ihn nagelt In einen
Mensch verwandelt Auch noch einen Mann Und anstatt fallender
Blätter Ja, da hätt´ er auch vielleicht Noch
etwas anderes gewählt Aber da er nun Menschenmann
ist Tropft von ihm der Samen
Ihr kennt ihn nicht Auch
unter Menschen tarnt er sich Nein, falsch geraten, ich sprech
nicht Von einem Gott weißgott nicht Er trägt
die Falten im Gesicht Wie seine Borke, und er ist sterblich Und
er sagt, wenn man ihn fragt Auch seinen Namen
Nein, er
hat kein Geheimnis Nennt ihn ruhig unheimlich banal Er
fühlt sich immer noch als Baum Vermißt den Wald in
seinem Tal Obwohl er eigentlich die Wahl hätte, zu
gehen Bleibt er meist stehn und schaut sich um Die Menschen
wuseln um ihn rum Unfähig, seine Baumnatur zu sehen
Nur
dann und wann denn er ist groß Und ziemlich lang,
bei vielen Frauen kommt das an Umfängt ihn eine
Schöne Manchmal halb so schöne auch Streichelt
sein Harz das festgetrocknete Getränte Aus Wunden,
die vor Menschenaltern schon gehauen Und sie liebt
weil grad die Schönste gern das Grauen liebt Den
blanken blaugeäderten, manchmal schon Moosweich feuchten
Stamm
Die Küsse dieser Frauen schmecken Laub Und
Borke, Ameisen und Staub Sie merken´s nicht, sie sind
Verliebte Blind und taub für was sie tun Sie krallen
sich fest und rütteln, schütteln Lassen ihn
nimmermehr ruhn Er sie auch nicht was soll er tun
Der
alte Baum tropft seine Mondmilch In die Schöße
dieser Frauen Bis die ihm neue Wunden hauen Wenn sie
gewahren, daß sie sich total verirrt und so Qualvoll
getäuschet haben in der Wahl ihres Geliebten Doch seine
Blätter und ihr leises Wispern siebten Längst die
dafür porenoffenen Seelen bis zur Sucht Auch er kriegt nie
genug...
Der alte Baum steht in der Zeit Und versteht
nicht, daß sie verstreicht Es ist ihm gleich, die Jahre
sind ihm Ringe Die er trägt inwendig grad wie
Schmuck
Der alte Baum spricht mit der Sonne Die er
manchmal in Gesichtern sucht Wobei er einen Schein verwechselt
Mit dem andern
Nur wenn der Mond am Himmel steht Die
Menschen unruhig macht, dann schläft Der Alte tief in
dunklen Träumen Dann geht er heim Ist ganz allein Doch
glücklich noch Umgeben von den Anderen Bäumen.
musik
& text © duke meyer 2003
CD "die neue
loreley" jan. 2005 hörprobe
die
singvøgel .
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